Demokratie lebt von Beteiligung

Laut Statistik Austria leben 611.000 Personen im Wahlalter in Wien, die aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft von politischer Mitbestimmung ausgeschlossen sind. Das sind 35,6 Prozent der Wiener Bevölkerung über 16 Jahren, die bei der kommenden Gemeinderatswahl kein Wahlrecht besitzen.

Trend in Richtung halber Demokratie

 

Hintergrund des zunehmenden Ausschlusses ist, dass Österreich ein sehr restriktives Wahlrecht und darüber hinaus die ausgrenzendsten Einbürgerungsbestimmungen in ganz Europa hat. Ein Großteil der Menschen, die vom Wahlausschluss betroffen sind, lebt schon lange in Österreich, immer mehr sind sogar hier geboren. Während sie jedoch in vielen anderen Ländern bereits mit ihrer Geburt im Land die Staatsbürgerschaft bekommen hätten, sind sie in Österreich darauf angewiesen, dass ihre Eltern hohe Einbürgerungshürden überwinden. Das tut den betroffenen jungen Menschen nicht gut, weil sie keine Zugehörigkeit zu unserer Demokratie entwickeln können.

Pass Egal Wahl in Wien

 

Angesichts des fehlenden Wahlrechts für mehr als ein Drittel der Wiener Bevölkerung hält SOS Mitmensch gemeinsam mit Kooperationspartner*innen eine Wien-Wahl für Menschen ohne österreichischen Pass ab. Bei der "Pass Egal Wahl" können auch Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft bis 23. April ihre Stimme abgeben. SOS Mitmensch tritt dem Rekord-Wahlausschluss in Wien mit einer Rekordzahl von mehr als 40 Wahllokalen für Menschen ohne österreichischen Pass entgegen. Darüber hinaus sorgt das einzigartige Schulprojekt der NGO, "Pass Egal Wahl an Schulen" dafür, dass Jugendliche in schuleigenen "Pass Egal Wahlen" Demokratie hautnah erleben können.

Wahlrecht nicht in Stein gemeißelt

 

Die Geschichte des österreichischen Wahlrechts ist die einer langsamen und schrittweisen Demokratisierung. Jede Ausweitung des Wahlrechts musste hart erkämpft werden. Lange Zeit wurden Menschen, die nicht genug besaßen oder verdienten, vom Wahlrecht ausgeschlossen. Ebenso waren lange Zeit Frauen vom Wahlrecht ausgeschlossen. Erst 1918 erlangten Frauen das allgemeine und gleiche Wahlrecht. Im Jahr 2007 wurde das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre abgesenkt. 

Entgegen dieser Geschichte einer zunehmenden Gleichberechtigung und Demokratisierung, steigt in den letzten Jahren wieder der Anteil der Menschen, die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Bestimmte soziale Schichten sind besonders betroffen: Fast zwei Drittel der Wiener Arbeiter*innen haben aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft bei der Wiener Gemeinderatswahl kein Wahlrecht. In manchen Berufssparten sind sogar um die 80 Prozent ohne Wahlrecht. So dürfen beispielsweise 81,4 Prozent des Reinigungspersonals und 78,2 Prozent der Hilfskräfte in der Nahrungsmittelzubereitung nicht an der Gemeinderatswahl teilnehmen. Im Bereich personenbezogener Dienstleistungen haben in Wien mehr als 51 Prozent der Angestellten kein Stimmrecht. 

Dieser zunehmende Ausschluss von der Demokratie ist auf der einen Seite fatal, aber er ist, wie die Geschichte zeigt, auf der anderen Seite jederzeit veränderbar. Nutzen wir daher die Möglichkeit, die Demokratie für die Menschen, die hier leben, zu öffnen und öffnen wir damit zugleich alle Menschen, die hier leben, für unsere Demokratie.

23. April: Großes Demokratiefest am Yppenplatz

 

Als Höhepunkt und Abschluss der Wiener Pass Egal Wahl organisiert SOS Mitmensch am 23. April 2025 am Yppenplatz ein großes Fest für die Wiener Demokratie. Von 15 bis 20 Uhr wird es ein Bühnenprogramm geben mit Auftritten von u.a.  Mira Lu Kovacs, Ayotheartist (Sounds of Blackness), Team MYLF aka Mieze Medusa & Yasmo sowie XING feat. Osive! und auch das Büro für Mitwirkung wird Teil des Festes sein. Darüber hinaus wird es spannende inhaltliche Beiträge, etwa von der Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl und dem Demokratieforscher Rainer Bauböck, sowie ein Gastspiel des Burgtheaters geben. Teil des Demokratiefestes ist außerdem ein großes Wahlzelt, mit der letzten Möglichkeit zur Stimmabgabe im Rahmen der Wiener Pass Egal Wahl 2025.

Weitere Informationen zum Fest sowie den zahlreichen Wahllokalen der Pass Egal Wahl, etwa in der AK Wien, In Einrichtungen der Diakonie und der Caritas, bei WIENXTRA, im WUK und erstmals auch bei einigen Würstelständen, finden sich auf www.passegalwahl.at